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Der Jena-Plan

Der Jena-Plan geht auf den Erziehungswissenschaftler Peter Petersen zurück, der 1923 bei seiner Berufung nach Jena die deutschlandweit einmalige Situation einer universitären Versuchsschule vorfand. Er baute diese zur Forschungsschule aus und untersuchte systematisch den praktischen Erfolg diverser pädagogischer Ansätze. Aus diesen Forschungen entstand ein Metakonzept, das Elemente verschiedener Reformpädagogiken zusammenführt und um eigene Ideen ergänzt. Es ist 1927 im Rahmen der Konferenz New Education Fellowship in Locarno unter dem Namen Jena-Plan bekannt geworden. Petersen verstand Schule als Lern- und Lebensort, der wesentlich durch die zentralen Prinzipien Selbständigkeit, Gemeinschaft und Mitverantwortung geprägt sei. In seinem Konzept der Bildungsgrundformen stellt er das Gespräch, das Spiel und die Feier heraus. Petersen wendet sich gegen das Primat des Individualismus: Ob als Gruppengespräch im Kreis oder als Zweiergespräch in der freien Arbeit – die soziale Interaktion ist für Petersen Grundlage des sozialen Lernens. Der Lehrer organisiert den Rahmen für Lernprozesse, sorgt für eine anregende Umgebung und eine aktive Gestaltung der pädagogischen Situation. Wesentliche Lernprozesse werden von den Kindern selbständig untereinander gestaltet. In altersgemischten Gruppen ist der Wechsel sozialer Rollen und damit das Hineinwachsen in unterschiedliche Anforderungen alltäglich.

Zu einer Jena-Plan-Schule gehören außerdem feste Rituale, die den Zusammenhalt der Gemeinschaft stärken sollen und zudem Orte der Präsentation sind, an denen Lernerfolge vor der Gemeinschaft gezeigt und gemeinsam zelebriert werden. Jede Woche beginnt und endet mit einer kleinen Feier, dazu treten Monats- und Jahresfeiern. Üblicherweise gliedert sich die Arbeit in einer Jena-Plan-Schule in drei Bereiche: Fächerübergreifender Kernunterricht, Kursunterricht in speziellen Fächern und Freie Arbeit, in der die Wahl des Faches freigestellt ist. Organisatorisch ist der Schulalltag so gestaltet, dass er nicht als Alltag empfunden wird, dass Lernen und Leben in Einklang gebracht werden. An die Stelle des seinerzeit (und weitgehend ja auch heute noch) üblichen Systems der künstlichen Untergliederung des Schultages in 45-minütige Lerneinheiten, das Petersen abwertend als Fetzenstundenplan bezeichnete, weil es keine Zeit lasse, Themen, Fragen und Problemstellungen tiefgründig zu entfalten, tritt der Wochenplan, der Lernziele formuliert und zeitliche sowie methodische Freiräume zu deren Erreichung einräumt.

Im Mittelpunkt eines jeden Schultages steht eine Gruppenunterrichtsphase in den Jahrgangsübergreifenden Stammgruppen, die die nach Geburtsjahrgängen gebildeten Klassen ersetzen.

Zensuren werden nicht erteilt, an ihre Stelle ist ein Arbeits- und Leistungsbericht getreten, wobei Selbstkontrolle und Gruppenrückmeldungen zentrale Prinzipien darstellen.

Der ursprüngliche Jena-Plan sah eine gemeinsame 10-Jahres-Schule für alle vor, die staatliche Jenaplan-Schule in Jena hat inzwischen eine genehmigte und sehr erfolgreich arbeitende Oberstufe, die mit dem regulären Thüringer Abitur abschließt.

Jena-Plan ist heute in Europa, vor allem aber in den Niederlanden verbreitet, wo mehr als 450 Schulen nach Petersens Vorschlägen arbeiten.

Montessori-Pädagogik

Die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori wurde als erste Frau in Italien zum Medizinstudium zugelassen, 1896 wurde sie als eine der ersten Frauen Italiens zur Dottoressa promoviert. Maria Montessori übernahm 1907 die Leitung eines Kinderhauses in Rom, wo sie ihre Theorien erstmals anwenden konnte. Kinder bedürfen der Erziehung, deren Einfluss ist durch die genetischen Anlagen jedoch zugleich begrenzt. Gerade daher ist die Entfaltung der individuellen Möglichkeiten des Kindes ein zentraler Anspruch Montessoris.

Ihre Pädagogik orientiert sich unmittelbar am Kind und dessen Bedürfnissen. Das Kind wird in seiner Persönlichkeit als vollwertiger Mensch betrachtet, welcher bereits einen eigenen Willen und ein eigenes Ziel verfolgt. Dieser Wille wird bei Montessori ganz bewusst zum Lernen eingesetzt, etwa dadurch, dass Raum für eigene Entscheidungen zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit gelassen wird. In ihrem Konzept des absorbierenden Geistes betont Montessori die unerschöpfliche Motivation der Kinder, den Umgang mit ihrer Umgebung zu er-lernen und ihre Fähig- und Fertigkeiten weiter zu entwickeln. Demnach würden Kinder eine Aktivität so lange wiederholen, bis sie ihren nächsten Entwicklungsschritt vollzogen haben, also solange hinfallen, bis sie laufen können, so lange unverständliche Laute artikulieren, bis sie diese zu sprachlich nachvollziehbaren Äußerungen geformt haben. Aufgabe der Pädagogik sei es, Hindernisse für diese Entwicklung aus dem Weg zu räumen und vor allem selbst keines zu sein, also das Kind Zwischenziele seiner Entwicklung selbst vollziehen zu lassen. Dafür schlägt Maria Montessori eine in Größe und Gestaltung den Bedürfnissen der Kinder entsprechende Lernumgebung vor. Dieser Mikrokosmos soll kindgerechte Möbel enthalten und die Eigengestaltung einer der Entwicklung angemessenen kindlichen Welt ermöglichen. Sie entwickelte in Anlehnung an die Erkenntnisse von Itard und Séguin Lernmaterialien, die durch Form, Farbgebung und Systematik gezielt die Sinne ansprechen und so das Interesse und die Neugierde als das natürliche Lernbedürfnis des Kindes ansprechen und fördern sollen. In ihrem Konzept der selbstkorrigierenden Lernmaterialien postulierte Montessori eine dreistufige Lektion für das Kind, das das Material zunächst mit seinen Sinnen wahrnehmen und die bei ihm entstandenen Sinneseindrücke beschreiben, anschließend eine Verbindung von Gegenstand und Namen herstellen und das Material wieder erkennen sowie zuletzt den sicheren verbalen und praktischen Gebrauch des Materials beherrschen soll. Das spielerische Lernen wird weitgehend beibehalten und durch altersgemäßes Lernmaterial bis ins hohe Kindesalter gefördert. Der eigene Wille wird bei den Kindern auch dadurch gefördert, dass sie sich frei für Art und Dauer einer Beschäftigung entscheiden können. Da die Kinder auf diese Weise nicht das Interesse am Lernen verlieren und permanent aktiv sind, kann der nächste Lernprozess mit Motivation und Engagement angegangen werden. Wesentliches Prinzip sind die altersgemischten Gruppen, die jeweils drei Altersjahrgänge zusammenführen, also z.B. drei bis fünf-, sechs- bis acht- und neun- bis zwölfjährige Kinder. Die Rolle der Erzieher fügt sich ein in Montessoris zentrales Prinzip der Freiarbeit. Erzieher werden nur hinzugezogen, wenn es notwendig erscheint, sie sind Gastgeber, Begleiter und Helfer in der Not, die nur einschreiten, wenn das Kind danach verlangt und auch dann nur soweit, bis das Kind in der Lage ist, die Schwierigkeiten selbst zu meistern. Der bekannte Leitspruch „Hilf mir, es selbst zu tun!“ bringt diese Erziehungsphilosophie auf den Punkt. Der Externalisierung von Verantwortung wird so frühzeitig entgegengetreten. Ein guter Erzieher im montessorischen Sinn zieht dort Grenzen, wo es wirklich nötig ist. Er handelt stets verlässlich, transparent und konsequent.

Heutzutage ist die Pädagogik nach Maria Montessori das international am weitesten verbreitete reformpädagogische Konzept. In Deutschland gab es nach Angaben des deutschen Montessori-Dachverbandes im Januar 2007 etwa 1.000 Einrichtungen der Montessori-Pädagogik, davon knapp 300 Schulen im Primar- und gut 100 im Sekundarbereich. 600 Einrichtungen arbeiten im vorschulischen Bereich, ein Drittel von diesen integrativ. Die Montessori-Pädagogik ist im Bereich der Kindergärten, der Grund- und Förderschulen am weitesten verbreitet, sie wird jedoch auch an Haupt-, Sonder-, Real- und Gesamtschulen sowie in geringerem Maße an Gymnasien angewandt.

Waldorf-Pädagogik

Grundlegende Ideen der Waldorf-Pädagogik gehen auf den Naturwissenschaftler und Philosophen Rudolf Steiner zurück. Eine Verteilung der Kinder auf verschiedene Schulformen gab es an der Waldorfschule nicht. Die Kinder wurden (und werden an allen Waldorfschulen bis heute) einheitlich unterrichtet. Rudolf Steiners Anthroposophie ist unter anderem eine Kritik an der Wissenschaftspraxis und ihrer Aufsplitterung in unterschiedliche Fachdisziplinen, die sich alle einzeln für sich einbilden würden, mit ihrer Forschung das menschliche Wesen ergründen zu können.6 Er setzt dem den Weg einer übersinnlichen Erkenntnis entgegen, der durch Vorstellungen von Karma und Reinkarnation charakterisiert wird. Dabei versteht sich die Waldorfpädagogik als eine Pädagogik, die sich nicht an staatlichen Rahmenrichtlinien für den Unterricht oder an schulischen Anforderungen seitens der Wirtschaft orientiert, sondern einzig an den Gesetzen der kindlichen Entwicklung. Nach Steiner bedingen sich körperliche und geistige Entwicklung. Die körperliche Tätigkeit wird in den unteren Klassenstufen betont, mit zunehmendem Lebensalter werden geistige Tätigkeiten zum Schwerpunkt. Waldorfschüler werden in der Regel über acht Jahre hindurch von einem festen Lehrer begleitet, der sie durch den Hauptunterricht führt. Er könne die Schüler so in ihrer Individualität besonders gut kennen- und beurteilen lernen. Zur Einschätzung der Schüler dient dem Lehrer u.a. die von Steiner aufgegriffene Lehre der Temperamente, die zwischen Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker und Sanguiniker unterscheidet.

Eine wesentliche pädagogische Innovation der Waldorfschulenstellte der systematische Einsatz der von den Landerziehungsheimen entwickelten Methode des Epochenunterrichts dar, die inzwischen viele Nachahmer und somit weite Verbreitung gefunden hat. Kerngedanke ist, dass sich die Schüler über einen bestimmten Zeitraum einen bestimmten Teil jedes Schultages einem Ober-Thema widmen, dem von verschiedenen Fächern Beiträge zugeordnet sind. Fachgrenzen zerfließen, isolierter Fachunterricht wird ersetzt durch themengebundene Arbeit, bei der verschiedene Fachdisziplinen ihre Perspektiven und Fragestellungen einbringen. Die Schüler erstellen dabei ein Epochenheft, in dem sie das Thema aus ihrer eigenen Sichtweise dokumentieren.

Der künstlerische Zugang als zentrales Element in der Waldorfpädagogik fördert entscheidend die Kreativität und die Kultivierung der Phantasie. Entsprechend wichtig ist der künstlerisch-handwerkliche Unterricht, der die Schüler durch die gesamte Schulzeit begleitet. Mit zunehmender Nähe zum Abschlussjahr steigt der Anteil von fachwissenschaftlich orientiertem Unterricht.

Die Waldorfschule schließt mit dem Besuch des 12. Schuljahres ab. Aufgrund der Kompromisse, die aber auch eine Bildungseinrichtung wie die Waldorfschule mit ihrer Stellung im Berechtigungssystem eingehen muss, können an Waldorfschulen alle gängigen Schulabschlüsse erworben werden, das Abitur nach einem zusätzlichen 13. Schuljahr. Allerdings können Waldorfschüler mittlere Abschlüsse gegebenenfalls erst später als an Regelschulen erwerben, was von einer betroffenen Waldorfschule damit begründet wird, dass „unabhängig vom angestrebten staatlichen Schulabschluss eine 12-jährige Schulzeit für die Erreichung der pädagogischen Ziele einer Waldorfschule unverzichtbar ist“.

Die Waldorf-Pädagogik verzichtet weitgehend auf Noten und setzt stattdessen auf individuelle schriftliche Zeugnisse. Sitzenbleiben als pädagogisches Prinzip ist folglich ausgeschlossen, in einigen Waldorfschulen können Schüler auf Wunsch der Eltern und Lehrer zurückgestuft werden. Die Waldorf-Pädagogik ist mittlerweile in den unterschiedlichsten Kulturen verbreitet. Aktuell gibt es bereits deutlich mehr als 900 Waldorfschulen weltweit, davon fast 200 in Deutschland – Tendenz steigend. Hinzu kommen weltweit etwa 1.500 Kindergärten.10 Jede Waldorfeinrichtung arbeitet eigenständig, entsprechend sind lokale und regionale Verschiedenheiten der Regelfall. Durch die enge regionale, nationale und internationale Organisation in Verbänden ist die inhaltliche Gemeinsamkeit zwischen den verschiedenen Einrichtungen zumeist jedoch hoch.

Rudolf Steiner und die Waldorfpädagogik standen und stehen in der öffentlichen Diskussion. Für viele Deutsche ist sie der Inbegriff der „Kuschelpädagogik“, besonders häufig für diejenigen, die noch nie eine Waldorfschule von innen gesehen haben. Dies lohnt sich, denn insbesondere hinsichtlich der handwerklichen und der künstlerischen Förderung sehen wir die Waldorfpädagogik als Vorreiter.

Reformpädagogik

Visionen einer anderen Schule – Keine Utopie mehr, sondern bereits Realität

Fester Bestandteil einer jeden LandesSchülerKonferenz ist die Diskussionsrunde  über alternative Lern- und Lehrkonzepte. Damit ihr auch zwischen den LSKen Visionäre bleibt gibt es hier einen kleinen Überblick der reformpädagogischen Ansätze.

Wir wollenin der nächsten Zeit, hier noch mehr Infos zu Schulevisionen geben und demnächst ein Seminar zum Thema Reformpädagogik veranstalten.  Wenn du teilnehmen und/oder mithelfen  und -gestalten willst melde dich !