Montessori-Pädagogik

Die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori wurde als erste Frau in Italien zum Medizinstudium zugelassen, 1896 wurde sie als eine der ersten Frauen Italiens zur Dottoressa promoviert. Maria Montessori übernahm 1907 die Leitung eines Kinderhauses in Rom, wo sie ihre Theorien erstmals anwenden konnte. Kinder bedürfen der Erziehung, deren Einfluss ist durch die genetischen Anlagen jedoch zugleich begrenzt. Gerade daher ist die Entfaltung der individuellen Möglichkeiten des Kindes ein zentraler Anspruch Montessoris.

Ihre Pädagogik orientiert sich unmittelbar am Kind und dessen Bedürfnissen. Das Kind wird in seiner Persönlichkeit als vollwertiger Mensch betrachtet, welcher bereits einen eigenen Willen und ein eigenes Ziel verfolgt. Dieser Wille wird bei Montessori ganz bewusst zum Lernen eingesetzt, etwa dadurch, dass Raum für eigene Entscheidungen zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit gelassen wird. In ihrem Konzept des absorbierenden Geistes betont Montessori die unerschöpfliche Motivation der Kinder, den Umgang mit ihrer Umgebung zu er-lernen und ihre Fähig- und Fertigkeiten weiter zu entwickeln. Demnach würden Kinder eine Aktivität so lange wiederholen, bis sie ihren nächsten Entwicklungsschritt vollzogen haben, also solange hinfallen, bis sie laufen können, so lange unverständliche Laute artikulieren, bis sie diese zu sprachlich nachvollziehbaren Äußerungen geformt haben. Aufgabe der Pädagogik sei es, Hindernisse für diese Entwicklung aus dem Weg zu räumen und vor allem selbst keines zu sein, also das Kind Zwischenziele seiner Entwicklung selbst vollziehen zu lassen. Dafür schlägt Maria Montessori eine in Größe und Gestaltung den Bedürfnissen der Kinder entsprechende Lernumgebung vor. Dieser Mikrokosmos soll kindgerechte Möbel enthalten und die Eigengestaltung einer der Entwicklung angemessenen kindlichen Welt ermöglichen. Sie entwickelte in Anlehnung an die Erkenntnisse von Itard und Séguin Lernmaterialien, die durch Form, Farbgebung und Systematik gezielt die Sinne ansprechen und so das Interesse und die Neugierde als das natürliche Lernbedürfnis des Kindes ansprechen und fördern sollen. In ihrem Konzept der selbstkorrigierenden Lernmaterialien postulierte Montessori eine dreistufige Lektion für das Kind, das das Material zunächst mit seinen Sinnen wahrnehmen und die bei ihm entstandenen Sinneseindrücke beschreiben, anschließend eine Verbindung von Gegenstand und Namen herstellen und das Material wieder erkennen sowie zuletzt den sicheren verbalen und praktischen Gebrauch des Materials beherrschen soll. Das spielerische Lernen wird weitgehend beibehalten und durch altersgemäßes Lernmaterial bis ins hohe Kindesalter gefördert. Der eigene Wille wird bei den Kindern auch dadurch gefördert, dass sie sich frei für Art und Dauer einer Beschäftigung entscheiden können. Da die Kinder auf diese Weise nicht das Interesse am Lernen verlieren und permanent aktiv sind, kann der nächste Lernprozess mit Motivation und Engagement angegangen werden. Wesentliches Prinzip sind die altersgemischten Gruppen, die jeweils drei Altersjahrgänge zusammenführen, also z.B. drei bis fünf-, sechs- bis acht- und neun- bis zwölfjährige Kinder. Die Rolle der Erzieher fügt sich ein in Montessoris zentrales Prinzip der Freiarbeit. Erzieher werden nur hinzugezogen, wenn es notwendig erscheint, sie sind Gastgeber, Begleiter und Helfer in der Not, die nur einschreiten, wenn das Kind danach verlangt und auch dann nur soweit, bis das Kind in der Lage ist, die Schwierigkeiten selbst zu meistern. Der bekannte Leitspruch „Hilf mir, es selbst zu tun!“ bringt diese Erziehungsphilosophie auf den Punkt. Der Externalisierung von Verantwortung wird so frühzeitig entgegengetreten. Ein guter Erzieher im montessorischen Sinn zieht dort Grenzen, wo es wirklich nötig ist. Er handelt stets verlässlich, transparent und konsequent.

Heutzutage ist die Pädagogik nach Maria Montessori das international am weitesten verbreitete reformpädagogische Konzept. In Deutschland gab es nach Angaben des deutschen Montessori-Dachverbandes im Januar 2007 etwa 1.000 Einrichtungen der Montessori-Pädagogik, davon knapp 300 Schulen im Primar- und gut 100 im Sekundarbereich. 600 Einrichtungen arbeiten im vorschulischen Bereich, ein Drittel von diesen integrativ. Die Montessori-Pädagogik ist im Bereich der Kindergärten, der Grund- und Förderschulen am weitesten verbreitet, sie wird jedoch auch an Haupt-, Sonder-, Real- und Gesamtschulen sowie in geringerem Maße an Gymnasien angewandt.

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